Der Zweite Weltkrieg

Aufstand im Warschauer Ghetto 1943. Während der Vernichtung des Ghettos wurden
über 50.000 Menschen getötet oder in Vernichtungslager verschleppt. Foto:
Bundesarchiv, Bild 183-41636-0002 / CC-BY-SA 3.0.
Der Zweite Weltkrieg dauerte über sechs Jahre von 1939 bis 1945 und war der
bisher größte und verlustreichste Konflikt der Menschheitsgeschichte. Auslöser
des Krieges war der völkerrechtswidrige Angriff von Hitler-Deutschland auf Polen
am 1. September 1939.
Übersicht über den Zweiten Weltkrieg
Adolf Hitler und der Zweite Weltkrieg

Adolf Hitler 1938. Foto: Wikimedia Commons, Bundesarchiv, Bild
183-H1216-0500-002.
Am 30.
Januar 1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt. Nur vier Tage danach
sprach Adolf Hitler am 3. Februar 1933 vor Reichswehroffizieren über die
Eroberung von "Lebensraum im Osten".
"Wir dürfen den 8. Mai 1945 [Kriegsende] nicht vom 30. Januar 1933
trennen...
Auf dem Weg ins
Unheil wurde Hitler die treibende Kraft. Er erzeugte und er nutzte
Massenwahn. Eine schwache Demokratie war unfähig, ihm Einhalt zu
gebieten."
Bundespräsident Richard von Weizsäcker
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler von Reichspräsident Paul von
Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Nur vier Tage nach seiner Ernennung
zum Reichskanzler sprach Adolf Hitler am 3. Februar 1933 vor
Reichswehroffizieren über die Eroberung von "Lebensraum im Osten". Um
Rückenfreiheit für die Zerschlagung der "jüdisch-bolschewistischen
Sowjetunion" zu erlangen, sahen seine schon in den zwanziger Jahren
entwickelten Pläne ein Bündnis mit der Seemacht Großbritannien vor.
Schon im Februar 1933 werden Bürgerrechte ausgesetzt. Bei der letzten
Reichstagswahl am 5. März wird Hitlers NSDAP stärkste Partei, verfehlt aber
mit 43,9 Prozent die absolute Mehrheit. Der Reichstag verabschiedet am 23.
März das Ermächtigungsgesetz. Hitlers Regierung kann nun Gesetze ohne das
Parlament erlassen, damit wird der Reichstag entmachtet. Mit dem „Gesetz zur
Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ werden am 31. März bis auf den
Landtag Preußens alle Länderparlamente aufgelöst. Am 2. Mai werden die
Gewerkschaften verboten.
In seiner ersten großen außenpolitischen Rede vor dem Reichstag am 17. Mai
1933 stellte Hitler den Nationalsozialismus als eine Bewegung dar, die
einzig auf den Frieden verpflichtet sei. Er wolle die bestehenden Verträge
beachten und nur auf dem Verhandlungswege eine Revision des Versailler
Vertrages anstreben.
Betonte er öffentlich immer wieder seine Friedensbereitschaft, so forderte
er insgeheim die Kriegsvorbereitungen. In der geheimen Denkschrift zum
Vierjahresplan vom August 1936 hieß es kategorisch, die deutsche Armee müsse
"in vier Jahren einsatzfähig, die deutsche Wirtschaft in vier Jahren
kriegsfähig sein". Die Rüstungsausgaben hatten sich von 3,3 Milliarden
Reichsmark 1933 auf neun Milliarden Reichsmark im Jahre 1936 verdreifacht.
Am 7. März 1936 besetzten Hitlers Wehrmacht die entmilitarisierte Zone des
Rheinlandes ohne Gegenwehr.
Im November 1937 erklärte Hitler vor den Oberbefehlshabern der drei
Wehrmachtsteile in einer vierstündigen Grundsatzrede, dass er "in absehbarer
Zeit" gewaltsam vorgehen wolle. Zur Lösung der "deutschen Frage könne
es nur noch den Weg der Gewalt geben", und das müsse "in den nächsten Jahren
schrittweise unter Ausnutzung günstiger Konstellationen erfolgen."
Am 12.
März 1938 marschierten unter dem Jubel der Bevölkerung die deutschen Truppen
in Österreich ein. Als England dann den "Anschluss" Österreichs hinnahm und
im September 1938 auf der Münchner Konferenz mit Frankreich und Italien auch
der Abtretung der Sudetengebiete an Deutschland zustimmte, verfügte Hitler
über fast alle von ihm gewünschten strategischen Voraussetzungen zum Krieg
gegen die Sowjetunion.
Dass die deutsche Bevölkerung von nun an auf einen Krieg eingestellt werden
müsse, forderte Hitler vor der deutschen Presse einen Tag nach der "Reichspogromnacht"
am 9. November 1938, deren Pogrome eine Vorstellung von dem aufkommen
ließen, wozu die Nationalsozialisten fähig waren. Dennoch wurden Hitlers
Äußerungen, nach denen ein neuer Krieg in Europa mit der Vernichtung des
Judentums enden würde, kaum ernst genommen.
Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall der
deutschen Wehrmacht auf Polen. Knapp 60 Millionen Menschen verloren während
des sechs Jahre dauernden Krieges ihr Leben.
Reichskanzler Adolf Hitler gab den Angriff auf Polen als Verteidigungsaktion
aus. Angeblich hätten polnische Soldaten den Rundfunksender Gleiwitz, im
heutigen Gliwice, überfallen. Tatsächlich hatte die SS den Vorfall
inszeniert. Frankreich und Großbritannien forderten den Rückzug der
deutschen Soldaten aus Polen innerhalb von zwei Tagen. Hitler ließ das
Ultimatum verstreichen. Der deutsche "Blitzkrieg" zwang Polen innerhalb von
vier Wochen in die Knie. Es war der Beginn eines weitaus größeren,
barbarischen Krieges, der bald weite Teile der Welt ergriff und der
unfassbares Leid über die Menschen bringen sollte. In Deutschland wird der
1. September alljährlich als „Antikriegstag“ begangen.
Überfall auf Polen am 1. September 1939

Polen, Parade vor Adolf Hitler. Bundesarchiv. Bild 183-S55480. CC-BY-SA-3.0-de.
Vor 83 Jahren, am 1. September 1939, begann der Zweite Weltkrieg mit dem
Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen. Knapp 60 Millionen Menschen
verloren während des sechs Jahre dauernden Krieges ihr Leben.
Er sollte das deutsch-polnische Verhältnis noch viele Jahrzehnte
belasten. Reichskanzler Adolf Hitler gab den Angriff auf Polen als
Verteidigungsaktion aus. Angeblich hätten polnische Soldaten den
Rundfunksender Gleiwitz, im heutigen Gliwice, überfallen. Tatsächlich
hatte die SS (Schutzstaffel) den Vorfall inszeniert. Frankreich und
Großbritannien forderten den Rückzug der deutschen Soldaten aus Polen
innerhalb von zwei Tagen. Hitler ließ das Ultimatum verstreichen.Der
deutsche "Blitzkrieg" zwang Polen innerhalb von vier Wochen in die Knie.
Es war der Beginn eines weitaus größeren, barbarischen Krieges, der bald
weite Teile der Welt ergriff und der unfassbares Leid über die Menschen
bringen sollte. In Deutschland wird der 1. September alljährlich als
„Antikriegstag“ begangen.
Hintergrund und Kontext des Kriegsbeginns
Am 1. September 1939 um 4.45 Uhr eröffnete das Linienschiff
"Schleswig-Holstein" das Feuer auf polnische Befestigungen auf
der Westerplatte vor der Freien Stadt Danzig. Etwa zur selben
Zeit brachten deutsche Bomber hunderten schlafenden Einwohnern
der zentralpolnischen Kleinstadt Wielun den Tod. Sie sind die
ersten Opfer eines Krieges, der in seiner Ungeheuerlichkeit alle
bisherigen Kriege in den Schatten stellt.
„Polen hat heute Nacht zum ersten Mal auf unserem eigenen
Territorium auch mit bereits regulären Soldaten geschossen. Seit
5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen! Und von jetzt ab wird
Bombe mit Bombe vergolten!” verkündete
Adolf Hitler am Vormittag im Berliner Reichstag. Der Überfall
Nazi-Deutschlands auf Polen wurde von der deutschen Propaganda
als Reaktion auf einen angeblichen polnischen Angriff
umgedeutet. Eine glatte Lüge: Der angebliche Angriff auf den
Rundfunksender der Grenzstadt Gleiwitz wurde von SS-Leuten in
polnischen Uniformen verübt. Mit dem Angriff des Linienschiffes
Schleswig-Holstein auf die Danziger Westerplatte begann der
deutsche Überfall auf Polen. Noch am selben Tag erklärte die
deutsche Führung den Anschluss Danzigs an das Deutsche Reich.
Die Westmächte verfolgten zu diesem Zeitpunkt eine
"Appeasement-Politik" - eine Politik der Beschwichtigung. Sie
gestanden Hitler mehrere Aufrüstungs- und Expansionsschritte zu.
Nachdem Hitler das von Großbritannien und Frankreich gestellte
Ultimatum für einen Rückzug aus Polen nicht befolgte, erklärten
die beiden Großmächte am 3. September 1939 dem Deutschen Reich
den Krieg. Allerdings folgten darauf nur minimale militärische
Handlungen, so dass Polen nicht sonderlich entlastet wurde.
Bereits am 17. September zerschlug die Wehrmacht den polnischen
Widerstand und der polnische Staat brach zusammen. Im Zuge des
geheimen Zusatzprotokolls im deutsch-sowjetischen
Nichtangriffspakt vom August 1939 ("Hitler-Stalin-Pakt")
besetzte die Rote Armee ohne Gegenwehr Teile Ostpolens. Einen
Tag später schlossen deutsche Truppen auch die Hauptstadt
Warschau ein. Am 27. und 28. September wurde die Stadt
bombardiert und schließlich eingenommen, weitere Besatzungen
folgten.
Die letzten polnischen Truppen kapitulierten am 6. Oktober 1939.
Dieses Datum gilt als Ende des Polenfeldzugs. Die polnische
Armee hatte den Tod von 120.000 Soldaten zu beklagen. 917.000
mussten den Weg in die Kriegsgefangenschaft antreten.
Deutschland verlor im "Blitzkrieg" gegen Polen rund 10.600
Soldaten.
Hitler und Stalin teilten wie verabredet Polen unter sich auf.
Im Abkommen von Brest-Litowsk wurden die nach dem Ersten
Weltkrieg abgetretenen polnischen Gebiete und weitere Gebiete
Zentralpolens an das Deutsche Reich angegliedert. Das als
Generalgouvernement zusammengefasste "Restpolen" hatte in den
folgenden Jahren in verheerendem Ausmaß unter Plünderungen und
Terror des deutschen Besatzungsregimes zu leiden. Ostpolen fiel
an die Sowjetunion.
Adolf Hitler, Erklärung der Reichsregierung vor dem Deutschen
Reichstag,
1. September 1939.
Der Weg zum Krieg

"Wie lange werden die Flitterwochen anhalten?" Karrikatur: wikimedia/Clifford K.
Berryman, The Washington Star, 1939; public domain.
Als mit der Zerschlagung der "Rest-Tschechei" im März 1939 auch die
letzte Voraussetzung Hitlers für den Kriegsbeginn erfüllt war,
garantierten England und Frankreich die Unabhängigkeit Polens. Davon
unbeeindruckt, wies Hitler die Wehrmacht Anfang April an, einen Feldzug
gegen Polen vorzubereiten.
Der Hitler-Stalin-Pakt
Hitlers Außenpolitik hatte zum Ziel, neuen "Lebensraum" zu schaffen -
notfalls auch mit Kriegen. Am 23. August 1939 unterzeichnete Joachim von
Ribbentrop, Reichsminister des Auswärtigen, in Moskau einen
deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt. Dessen geheimes Zusatzabkommen
sah die Aufteilung Polens zwischen dem Deutschen Reich und der
Sowjetunion vor. Das Abkommen sollte die Wehrmacht davor schützen, dass
bei einem Überfall auf Polen die Sowjetunion eingreifen würde und
Deutschland in einen Zweifrontenkrieg geraten könnte. Zu einem
gemeinsamen Krieg gegen die Westmächte war der sowjetische Diktator
Josef Stalin jedoch nicht bereit.
Weitere Informationen zum Pakt: bpb
Seinen ersten Angriffsbefehl auf Polen widerrief Hitler, als der
englische Premier mitteilte, dass auch der deutsch-sowjetische Pakt
England nicht von der Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber Polen
abhalten werde. Doch am 1. September 1939 eröffnete er den Krieg gegen
Polen.

Kampfpanzer 1939 durch eine polnische Ortschaft fahrend. Foto: Bundesarchiv,
Bild 101I-012-0016-20 / Kliem / CC-BY-SA 3.0.

Warschau 1939. Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-001-0251-38 / Schulze / CC-BY-SA
3.0.
Redeauschnitt: Hitlers Rede im Reichstag am 1. September 1939
"Polen hat nun heute Nacht zum erstenmal auf unserem eigenen Territorium auch
durch reguläre Soldaten geschossen. Seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen!
Und von jetzt ab wird Bombe mit Bombe vergolten! Wer mit Gift kämpft, wird mit
Giftgas bekämpft."
Der Überfall auf Polen als Teil der NS-Außenpolitik
Adolf Hitler hatte schon lange vor dem 1.9.1939 Pläne
gefasst, einen Krieg zu entfachen, um Deutschland als
Weltmacht zu etablieren. Das angestrebte "Großdeutsche
Reich" sollte sich über Polen bis weit nach Russland
erstrecken. Die nationalsozialistische Politik sah außerdem
eine rassische Neuordnung innerhalb Europas vor. Die
Nationalsozialisten wollten Minderheiten wie Juden oder
Sinti und Roma auslöschen, um die "arische Rasse"
aufzuwerten.

Hitlers Außenpolitik zielte zunächst darauf ab, die
politische Isolation Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg
zu überwinden. Vor den Augen der anderen europäischen Mächte
betrieb das Deutsche Reich vordergründig Friedenspropaganda,
tatsächlich jedoch sollte Deutschland gezielt für den
geplanten Krieg militärisch aufrüsten und wirtschaftlich
autark gemacht werden. Der Überfall auf Polen war ein erster
gewalttätiger Schritt der expansiven deutschen Außenpolitik.
Schon am 3. Februar 1933 forderte Hitler in einer Geheimrede
vor den ranghöchsten Offizieren der Reichswehr, das Deutsche
Reich müsse neuen "Lebensraum im Osten" erobern und diesen
"rücksichtslos germanisieren". Deutschland sollte schnell
aufrüsten und wieder militärische Stärke erlangen. Den
Staaten, die durch die NS-Machtübernahme aufgeschreckt
waren, hielt Hitler das Selbstbestimmungsrecht für
Deutschland entgegen. Um einer drohenden Isolation zu
entgehen, schloss Hitler außerdem Verträge (z.B. das
Konkordat zwischen dem deutschen Reich und dem Vatikan), die
vertrauensbildend wirken sollten.
Die anderen Länder nahmen die politische Umwälzung in
Deutschland zunächst ohne weiteres hin. Hitler führte 1935
die Wehrpflicht wieder ein und rüstete militärisch auf. Die
britische Regierung verhielt sich mit Premierminister
Chamberlain sehr zurückhaltend. Erste militärische Nahziele
Hitlers waren die Eroberungen von Österreich und der
Tschechoslowakei, um den Gewinn von Nahrungsmitteln
sicherzustellen. Nachdem Deutschland Österreich 1938
annektiert hatte, wurde die Sudetenkrise zum Brennpunkt des
internationalen Konflikts. Die Krise führte letztendlich zur
widerstandslosen Besetzung der restlichen Tschechoslowakei
durch Deutschland. Auf der Münchener Konferenz einigten sich
die europäischen Staatsmänner, Deutschland die Eingliederung
des Sudetenlandes zu gewähren. Schließlich wollten die
Briten einem erneuten Weltkrieg aus dem Weg gehen.
Im März 1939 besetzten Truppen der deutschen Wehrmacht
völkerrechtswidrig die „Rest-Tschechei". Diese Eroberung war
aus strategischen Gründen wichtig, da der langgezogene
Landstreifen weit nach Osteuropa führte. Für die
europäischen Großmächte war mittlerweile unmissverständlich
geworden, dass das NS-Regime keineswegs am Frieden in Europa
interessiert war. Nach der gewaltsamen Eroberung der
Tschechoslowakei entschlossen sich Großbritannien und
Frankreich dazu, dem vom Überfall bedrohten Polen
militärische Unterstützung zuzusagen.
Der nächste außenpolitische Schritt Hitlers sollte der
Angriff auf Polen werden. Mit diesem Krieg wollte er vor
allem Lebensraum im Osten schaffen.

1.9.: Deutscher
Überfall auf Polen. Die deutsche Luftwaffe fliegt bis zur
polnischen Kapitulation schwere Bombenangriffe, die Tausende
Ziviltote fordern und schwere Zerstörungen bewirken.
Frankreich und Großbritannien forderten ultimativ den
sofortigen Rückzug aller deutschen Truppen aus Polen.
Wiedereingliederung Danzigs in das Deutsche Reich; das
betreffende Gesetz war bereits vorher vorbereitet worden.
Ausgangssperre für Juden im Deutschen Reich.
2.9.: Generalmobilmachung
in Frankreich.
3.9.:
Die Botschafter Frankreichs und Großbritanniens übergeben in
Berlin die Kriegserklärungen ihrer Regierungen an das
Deutsche Reich.
Die Regierungen von Australien und Neuseeland erklären, es
sei ihre Pflicht, dem britischen Mutterland zu folgen und in
den Krieg gegen das Deutsche Reich einzutreten.
Führer und Reichskanzler Adolf Hitler erlässt die Weisung
Nr. 2 für die Kriegführung. Ziel bleibt der schnelle Sieg
über Polen. Gegenüber Großbritannien wird der Seekrieg nach Prisenordnung freigegeben,
ansonsten soll die Initiative dem Gegner überlassen werden.
Großbritanniens Premierminister Arthur Neville Chamberlain
bildet ein Kriegskabinett.
In Bromberg (Polen) werden mehrere tausend Volksdeutsche
ermordet.
Das deutsche Unterseeboot U 30 torpediert den britischen
Passagierdampfer "Athenia".
Reinhard Heydrich, Chef der Sicherheitspolizei und des
Sicherheitsdienstes der SS, veröffentlicht einen Runderlass
über "Grundsätze
der inneren Staatssicherung während des Krieges". Es ist
u.a. gegen jedermann einzuschreiten, der öffentlich am
deutschen Sieg zweifelt.
3./4.9.: Erste
Flugblattabwürfe durch britische Maschinen auf das Rheinland
und Ruhrgebiet. Die "Nickel raids" werden im Frühjahr 1940
bis nach Mittel- und Süddeutschland ausgedehnt.
17.9.: Die
sowjetische Armee überschreitet die polnische Grenze; einen
Tag später treffen sich in Brest deutsche und sowjetische
Truppen.
24. - 25.9.: Bei
der Belagerung der polnischen Hauptstadt Warschau durch
Wehrmachtstruppen fliegt die Luftwaffe mit 1.200 Maschinen
schwere Bombenangriffe auf das Stadtgebiet und besonders
auch gegen Wohnviertel.
27.9.: Kapitulation
Warschaus: die polnischen Verteidiger unter General Juliusz
Rómmel kapitulierten angesichts der rund 26.000 von
deutschen Bomben und Artillerie getöteten Zivilisten.
6.10.: Kapitulation
der letzten polnischen Truppenverbände. Hitler macht den
Westmächten ein Friedensangebot, das diese ablehnen.
12.10.:
Bildung eines sogenannten Generalgouvernements aus den
besetzten polnischen Gebieten, die nicht dem Deutschen Reich
angegliedert wurden.
18.12.: Bei
einem Luftangriff auf Wilhelmshaven verliert das britische
Bomber Command fünf von 12 eingesetzten Maschinen. Bis
Sommer 1944 bleiben Angriffsoperationen des Bomber Command
bei Tageslicht auf Ziele in Deutschland eine Ausnahme, da zu
hohe Verluste befürchtet werden.

Kriegszerstörungen in der Oranienstraße in Berlin. Foto: Bundesarchiv/CC-BY-SA
3.0
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Als
die Waffen endlich schwiegen, waren mehr als 60 Millionen
Opfer zu beklagen. Nach zwölf Jahren nationalsozialstischer
Herrschaft bedeutete dieser Tag den politischen,
militärischen und moralischen Untergang des verbrecherischen
Regimes in Deutschland, das die Welt in den Abgrund gestürzt
hatte. Diese Seite bietet einen Überblick über das
Kriegsende und den Zweiten Weltkrieg.
Deutschland 1945: Das „Tausendjährige Reich“ der
Nationalsozialisten versank in Schutt, Blut und Tränen. Als
am 8. Mai die Waffen endlich schwiegen, waren mehr als 60
Millionen Opfer zu beklagen. Gefallen im Krieg, ermordet in
Konzentrationslagern, verbrannt in Bombennächten, gestorben
an Hunger, Kälte und Gewalt auf großen Fluchtbewegungen. Nun
erfuhr die Welt auch in vollem Umfang, was in deutschem
Namen in den Vernichtungslagern des Regimes geschehen war.
Der Krieg ist Anfang April 1945 eigentlich entschieden. In
Jalta beraten die USA, Frankreich, Großbritannien und die
Sowjetunion Anfang Februar schon über eine
Nachkriegsordnung. Aber statt aufzugeben, werfen die
Nationalsozialisten immer noch alles, was verfügbar ist, in
die letzte Schlacht. Alte Männer werden zum „Volkssturm“
eingezogen, Kinder der Hitlerjugend werden mit Panzerfäusten
auf die Straßen geschickt. An vielen Orten im ganzen Reich
werden zahlreiche Menschen noch als „Verräter“ hingerichtet.
Bis zum Schluss fällen Standgerichte von Wehrmacht und SS
tausende Todesurteile gegen deutsche Soldaten und
Zivilisten. Am 21. April erreicht die Sowjetarmee die
Stadtgrenze von Berlin, am Abend des 29. April 1945 stehen
die russischen Soldaten am Brandenburger Tor. Erst am 2. Mai
ist der Kampf um Berlin zu Ende.
Während Berlin im Straßenkampf unterging und zehntausende
Menschen den Kampf bis zum bitteren Ende mit ihrem Leben
bezahlen mussten, entzog sich Adolf Hitler am 30. April 1945
der Verantwortung durch Selbstmord. Zu seinem Nachfolger
bestimmte er Großadmiral Karl Dönitz. Dönitz beauftragte
Generaloberst Alfred Jodl, den Verantwortlichen für die
Kriegführung von Norwegen bis Nordafrika, die
Kapitulationsverhandlungen im amerikanischen Hauptquartier
in Reims zu führen. Jodl versuchte noch, die Kapitulation
gegenüber der roten Armee hinauszuzögern, um den Deutschen
in den Ostgebieten die Flucht nach Westen zu ermöglichen,
allerdings ohne Erfolg.
Generaloberst Jodl unterzeichnete am 7. Mai 1945 in Reims im
Hauptquartier von General Dwight D. Eisenhower,
Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in Europa, die
bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Sie
trat am 8. Mai 1945 um 23 Uhr in Kraft. Der sowjetische
Diktator Josef Stalin drängte auf eine Wiederholung der
Zeremonie im sowjetischen Machtbereich. In der Nacht zum 9.
Mai unterschrieb Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, Chef
des Oberkommandos der deutschen Wehrmacht, die
Kapitulationsurkunde im sowjetischen Hauptquartier in
Berlin-Karlshorst. Nach mehr als fünf Jahren Krieg schwiegen
in Europa endlich die Waffen.
KAPITULATIONSERKLÄRUNG
Wir, die hier Unterzeichneten, handelnd in Vollmacht
für und im Namen des Oberkommandos der Deutschen
Wehrmacht, erklären hiermit die bedingungslose
Kapitulation aller am gegenwaertigen Zeitpunkt unter
deutschem Befehl stehenden oder von Deutschland
beherrschten Streitkräfte auf dem Lande, auf der See
und in der Luft gleichzeitig gegenueber dem Obersten
Befehlshaber der Alliierten Expeditions-Streitkräfte
und dem Oberkommando der Roten Armee. [...]
Unterzeichnet zu Berlin am 8. Mai 1945
gez. v. Friedeburg gez. Keitel gez. Stumpff für das
Oberkommando der deutschen Wehrmacht
Original Kapitulationserklärung
|
Am 5. Juni 1945 unterzeichneten die vier Siegermächte die
Berliner Deklaration. Darin heißt es: „Die Regierungen des
Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten von
Amerika, der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken und
die Provisorische Regierung der Französischen Republik
übernehmen hiermit die oberste Regierungsgewalt in
Deutschland, einschließlich aller Befugnisse der deutschen
Regierung, des Oberkommandos der Wehrmacht und der
Regierungen, Verwaltungen oder Behörden der Länder, Städte
und Gemeinden.“
Deutschland wurde in vier Besatzungszonen und Berlin in vier
Sektoren aufgeteilt. Jede Siegermacht bestimmt in ihrer Zone
bzw. ihrem Sektor die wirtschaftliche und politische
Entwicklung nach seinem Ermessen.
Neubeginn: Die Potsdamer Konferenz
Der Krieg im Pazifik, der am 7. Dezember 1941 mit dem
japanischen Überfall auf Pearl Harbor begonnen hatte,
dauerte noch bis August 1945 und erreichte mit den
Atombombenabwürfen auf die Städte Hiroshima und Nagasaki
seinen traurigen Höhepunkt. Am 2. September 1945 endete mit
der Kapitulation Japans der Zweite Weltkrieg auch im
pazifischen Raum.
Die Bilanz des Zweiten Weltkrieges ist erschütternd: Über 60
Millionen Menschen starben, mehr als sechs Millionen
europäische Jüdinnen und Juden wurden ermordet.
Hundertausende Sinti und Roma, politisch und weltanschaulich
Andersdenkende, Menschen mit Behinderung oder Krankheit,
Homosexuelle und weitere Minderheiten wurden verfolgt und
getötet. 17 Millionen Menschen waren verschollen. Weite
Teile Europas waren zerstört.

Blick auf Stuttgart am Ende des Zweiten Weltkrieges. Foto:
LMZ
Der Holocaust, die systematische Vernichtung der
europäischen Jüdinnen und Juden sowie weiterer
Bevölkerungsgruppen, war unter den Bedingungen
dieses Krieges vollstreckt worden.
LpB-Dossier: 27. Januar 1945: Jahrestag der
Befreiung von Auschwitz
Bereits in den letzten Kriegsmonaten begannen Flucht
und Vertreibung von rund 14 Millionenn Deutschen in
den ehemaligen Ostgebieten des Deutschen Reiches.
LpB-Dossier: Flucht und Vertreibung
Mehr als die Hälfte der rund 5,7 Millionen Soldaten
der Roten Armee, die im Zweiten Weltkrieg in
deutsche Kriegsgefangenschaft gerieten, überlebten
die mörderischen Bedingungen nicht.
Nach Zwangsarbeit, Hunger und Krankheit kehrten nur
knapp zwei Millionen der 3,2 Millionen deutschen
Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion nach
Deutschland zurück, die letzten im Januar 1956. Nach
Angaben des Deutschen Roten Kreuzes ist das
Schicksal von 1,3 Millionen deutschen
Militärangehörigen bis heute ungeklärt.
Das Ende des Krieges war nicht die Ursache für
Flucht, Vertreibung und Unfreiheit. Die Ursache
liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener
Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte. Der 8. Mai
1945 darf nicht vom 30. Januar 1933, dem Tag der
Machtübergabe an Hitler, getrennt werden (Richard
von Weizsäcker).
Zweiter Weltkrieg: Kriegsende in Baden-Württemberg

Das zerstörte Stuttgart im Jahr 1946: Blick vom Rathaus über die Altstadt zur
Leonhardskirche. Foto: LMZ Baden-Württemberg
In den sechs Jahren des Krieges waren mehr als 225.000
Wehrmachtsangehörige aus dem Südwesten und annähernd 40.000
Zivilpersonen umgekommen. Neunzig
Prozent der getöteten Zivilpersonen - deutlich mehr als die
Hälfte waren Frauen – und mehr als die Hälfte der gefallenen
Soldaten waren seit Januar 1944 vom Nazi-Regime regelrecht
geopfert worden. Noch in den letzten Kriegstagen war es zu
sinnlosen Verteidigungsgefechten und zu völlig unnötigen
Todesurteilen gegen Deserteure und einzelne Mutige gekommen,
die versucht hatten, dem grausamen Treiben durch
Zusammenarbeit mit den alliierten Truppen ein Ende zu
setzten.
Einzelne Städte wie Freudenstadt,
Waldenburg im Hohenlohischen, Neuenburg und Breisach am
Rhein waren noch in den letzten Kriegstagen dem Erdboden
gleichgemacht worden. Insgesamt
fielen die Zerstörungen im Südwesten recht unterschiedlich
aus: Generell waren die industriellen Zentren und die Städte
stärker betroffen als die ländlichen Gebiete, generell auch
hatte es die Mitte und den Westen des heutigen Landes
Baden-Württemberg stärker getroffen als den Süden und den
Osten.
Zu der schrecklichen Bilanz des Krieges zählen auch die mehr
als 10.000 deportierten deutschen Juden aus Baden,
Württemberg und Hohenzollern,
die dem Rassenwahn des NS-Regimes zum Opfer gefallen waren.
Von den annähernd 150 jüdischen Kultusgemeinden, die vor dem
„Dritten Reich“ im Südwesten existiert hatten, gab es nach
dem Krieg gerade noch sieben.
Der NS-Rassenwahn hatte in nur wenigen Jahren vernichtet,
was über Jahrhunderte gewachsen war: eine lebendige und
vielfältige jüdische Kultur als wichtiger Bestandteil der
südwestdeutschen Gesellschaft. Zu den Opfern zählten auch
über 10.000 Menschen, die in Grafeneck im Zuge des
NS-"Euthanasie“- Kranken- und Behindertenmordes getötet
worden waren. Zu erinnern ist auch an tausende von Menschen
aus den vom NS-Regime besetzten europäischen Ländern, die im
weit verzweigten Außenlagersystem des NS-Terrors ihr Leben
lassen mussten.
Eine fast unvorstellbare Zahl von rund
einer halben Million Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern kommt
hinzu, die in den Südwesten Deutschlands verschleppt worden
war. Die Zivilpersonen, die sich als Zwangsarbeiter,
Zwangsverschleppte und überlebende KZ-Häftlinge außerhalb
ihres Heimatstaates befanden und die von den Alliierten nun
als „Displaced
Persons“ bezeichnet
wurden, irrten in den zerstörten Städten oder in den
ländlichen Gegenden umher. Für viele von ihnen war ihre
Leidenszeit mit der Befreiung durch die alliierten Truppen
keineswegs beendet. Sie waren ausgehungert, erschöpft und
teilweise auch aggressiv – es kam zu Plünderungen,
Vergewaltigungen und Morden. Ursprünglich sollten die „DPs“
bis zur Rückkehr in ihre Heimat in „Sammelstellen“ betreut
werden, aus denen aber rasch „Lager“ mit Bewachung und
Stacheldraht wurden. Im heutigen Baden-Württemberg waren es
rund 180.000 Menschen, darunter etwa 70.000 sogenannte
„Ostarbeiter“, die „repatriiert“ werden sollten. Viele
kehrten zwar wieder in ihre Heimat zurück, andere aber
blieben in Deutschland und lehnten die Rückkehr in den
stalinistischen Osten ab, wo sie als „NS-Kollaborateure“
erneute Verfolgung, „Sibirien“ oder gar den Tod zu
befürchten hatten.
Die einheimische Bevölkerung erlebte das Kriegsende mit der
Auflösung der staatlichen und militärischen Ordnung in ganz
unterschiedlicher Art und Weise. In nur etwas mehr als einem
Monat hatten Amerikaner und Franzosen Baden, Württemberg und
Hohenzollern erobert. Die Erfahrung des Kriegsendes
unterschied sich recht deutlich, je nachdem, ob es in den
jeweiligen Orten noch zu Kampfhandlungen und gleichzeitigen
Bombenangriffen gekommen oder ob die Übergabe kampflos
vonstatten gegangen war. Dort, wo noch bis in die letzten
Stunden gekämpft wurde, war es ein Unterschied, ob die
deutschen Truppen aus Wehrmachtseinheiten bestanden oder ob
es sich um SS-Männer handelte, die in aller Regel
fanatischer agierten. Letztlich war es auch ein bedeutender
Unterschied, welche der beiden Besatzungsmächte
einmarschierte. Vor allem in den Gebieten Badens und
Württembergs, die von französischen Truppen besetzt wurden,
kam es zu massenweisen Vergewaltigungen und Plünderungen.
Unmittelbar
am Ende des Krieges lebten rund eine Million Menschen auf
dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg, die sich nicht an
ihrem eigentlichen Wohnort aufhalten konnten – Ausgebombte
sowie Evakuierte aus anderen Reichs- und Landesteilen. Sie
alle versuchten, auf irgendeine Weise ihre Heimat zu
erreichen und stellten die Verantwortlichen angesichts eines
völlig daniederliegenden Verkehrssystems vor riesige
Herausforderungen.
Zehntausende von deutschen Soldaten, die in
Kriegsgefangenschaft geraten waren, sollten erst sehr viel
später heimkehren können. Noch
1947/48 waren deutlich über 100.000 Männer aus dem Südwesten
von den alliierten Siegermächten in Kriegsgefangenenlagern
inhaftiert. Ein
Großteil davon konnte 1949 heimkehren, die Letzten unter
ihnen kamen erst im Januar 1956 aus der Sowjetunion zurück.
Im Land der Besiegten mochten nur wenige den Zusammenbruch
als Befreiung vom Joch des Nationalsozialismus empfinden:
die dem Tode Geweihten, Drangsalierten und Verfolgten des
Regimes, die im Verborgenen wirkenden Opponenten, wohl auch
manch Ausgebombter. Es bedurfte langer Jahre des Wandels,
bis die Kapitulation von der Mehrheit der Bevölkerung als
Befreiung akzeptiert wurde. Aber auch diejenigen, die das
Kriegsende als Niederlage sahen, waren von existenziellen
Sorgen und Zukunftsängsten geplagt. Noch war für niemanden
zu ahnen, dass die Zusammenbruchsgesellschaft von 1945 inner
halb weniger Jahre eine starke wirtschaftliche Dynamik
entfalten sollte.
Mit der bedingungslosen Kapitulation der letzten Regierung
des Deutschen
Reiches mit dem Großadmiral Karl Dönitz als
Reichspräsidenten, vertreten
durch das Oberkommando der Wehrmacht, hatte das Deutsche
Reich und damit auch sein Verwaltungsaufbau zu existieren
aufgehört. Während die hohen NS-Funktionäre in aller Regel
geflüchtet waren oder Selbstmord begangen hatten, waren
zahlreiche Bürgermeister auf ihren Posten geblieben. An
ihnen und an den neu berufenen, unbelasteten
Stadtoberhäuptern lag es nun, unter der Kuratel der
Besatzungsmächte die dringlichsten Probleme des
Nachkriegsalltags zu bewältigen.
Die Deutschen waren in dieser Situation ein Volk ohne Staat,
aber eines mit Kommunen. So lange die Länderverwaltungen
nicht wieder funktionierten, mussten und konnten die
weitgehend intakt gebliebenen Kommunalverwaltungen
staatliche Aufgaben übernehmen. Dies gelang nicht zuletzt
aufgrund einer ganzen Reihe herausragender Bürgermeister,
die tatkräftig anpackten und die die niedergeschlagene
Bevölkerung motivieren konnten. Hinzu kam, dass sich dort,
wo Verfolgte des NS-Regimes und Unbelastete zur Verfügung
standen, eine überaus engagierte Art der Bürgerinitiative
bewährte, die gemäß dem Imperativ „Nie
wieder!“ und
mit einem antinationalsozialistischen Grundkonsens über die
alten Parteigrenzen hinweg funktionierte. Nicht zu
unterschlagen ist dabei, dass unter den Aktiven der ersten
Stunde nicht nur Sozialdemokraten, Liberale und
Zentrumsanhänger waren, sondern oft auch Kommunisten mit
einer KZ-Leidensgeschichte. Sie wurden als „normaler“
Bestandteil der deutschen Parteienlandschaft angesehen, bis
die KPD ihren Weg hin zur stalinisierten Kaderpartei nahm.
Auch für die notgeplagte Bevölkerung war der kommunale
Zusammenhang der unmittelbare Orientierungsrahmen im Alltag:
bei der Sicherung der menschlichen Grundbedürfnisse wie
Ernährung, Wohnen, Energieversorgung zum Heizen und Kochen
sowie bei der Trümmerbeseitigung und beim Wiederaufbau.
Zwischen 1939 und 1945 war die Bevölkerungszahl in Südwestdeutschland
bedingt durch die Kriegshandlungen und aufgrund einer niedrigen
Geburtenrate von etwa 5,5 Millionen Menschen auf etwas weniger als 5,1
Millionen zurückgegangen. Nach dem Krieg wuchs die Bevölkerung zumindest
in manchen Landesteilen rasant, was nur zum geringeren Teil auf die nun
ansteigende Geburtenrate, sondern vor allem auf die
Bevölkerungsverschiebungen im Zuge der militärischen Niederlage
Deutschlands zurückzuführen war.
Schon vor dem Kriegsende waren Menschen aus den deutschen Ostgebieten
vor der Sowjetarmee auch nach Südwestdeutschland geflüchtet. Die
Massentransporte der Heimatvertriebenen kamen aber seit Herbst 1945 an.
Auf der Potsdamer Konferenz hatten sich die drei „großen" Siegermächte
auf eine vertragliche Regelung „zur ordnungsgemäßen Überführung
deutscher Bevölkerungsteile" geeinigt, wie die Vertreibung amtlich hieß.
Sie lösten damit eine Welle zwangsweiser Migration in bislang
unbekanntem Ausmaß aus, die die Aufnahmeländer völlig unvorbereitet
traf.
Die Unterbringung, Versorgung und Integration der Heimatvertriebenen –
wenig später auch der SBZ-Flüchtlinge – war eine der größten
Herausforderungen der Nachkriegszeit. Auch hier verlief die Entwicklung
regional sehr unterschiedlich: Die Franzosen, die an der Potsdamer
Konferenz nicht beteiligt waren, fühlten sich auch nicht an die dort
getroffenen Beschlüsse gebunden und verweigerten zunächst die Aufnahme
von Vertriebenen in ihrer Besatzungszone. Nicht zuletzt fürchteten sie
eine wirtschaftliche und politische Destabilisierung der
Nachkriegsgesellschaft. Entsprechend stagnierte in den beiden
französisch besetzten südwestdeutschen Ländern vorerst auch die
Bevölkerungszahl.
Bis 1949 war hier von einem „Flüchtlingsproblem" nicht zu sprechen: In
(Süd-)Baden waren im Jahr 1946 lediglich etwa 20.000 „Alt-Evakuierte"
und Flüchtlinge im Land, die vor Erlass der Zonensperre „eingesickert"
waren. In Württemberg-Hohenzollern waren es 28.000 (vgl. Tabelle). Erst
ab 1949/50 stiegen nun auch hier die Flüchtlingszahlen deutlich an, weil
beide Länder im Rahmen des Länderflüchtlingsausgleichs der ersten
Bundesregierung Kontingente aufnehmen mussten. Aufgrund der geringeren
Wirtschaftskraft und damit geringerer Zuweisungen erreichten aber hier
die Werte nie das Niveau der amerikanischen Zone.
Völlig anders gestaltete sich dagegen die Entwicklung im amerikanisch
besetzten Württemberg-Baden: Innerhalb nur eines Jahres kamen hier seit
Herbst 1945 über eine halbe Million „Flüchtlinge" an, wie sie von Amts
wegen noch genannt wurden. Rund 321.000 waren es im weniger stark
zerstörten Nordwürttemberg und 183.000 in Nordbaden. Schon im Sommer
1945 waren die zerstörten industriellen Zentren wie Ulm, Heilbronn,
Stuttgart, Mannheim und Pforzheim als „Brennpunkte des Wohnungsbedarfs"
für jeglichen Zuzug gesperrt worden. Um ein länger dauerndes
„Lagerleben" zu verhindern, schrieb die US-Besatzungsmacht vor, dass die
Vertriebenen möglichst rasch und unter Beibehaltung der Familien-, nicht
aber der Dorfgemeinschaft über das Land zu verteilen und dafür privater
Wohnraum der ansässigen Bevölkerung zu beschlagnahmen war.
Die Heimatlosen waren damit den Zufällen des behördlich organisierten
Bevölkerungstransfers ausgeliefert. Sie kamen zunächst in staatliche
Durchgangslager und wurden dann auf die orte ihrer „Erstplatzierung“
verteilt. In Nordwürttemberg erfolgte diese Verteilung relativ
gleichmäßig, wobei der Anteil der Zwangszuwanderer an der
Gesamtbevölkerung in den Landkreisen bei fast 18 Prozent und in den
Stadtkreisen bei etwa fünf Prozent lag. Aufgrund der starken
Kriegszerstörungen in den Landkreisen Bruchsal, Mannheim und Pforzheim
mussten hier vor allem in den stärker landwirtschaftlich geprägten
Kreisen Buchen, Mosbach, Sinsheim und Tauberbischofsheim zusammenrücken.
Hier machten die Vertriebenen im Schnitt 23 Prozent der Bevölkerung aus,
in einzelnen Kreisen gar fast dreißig Prozent. Die ökonomischen
Rahmenbedingungen in den Kreisen, in denen die Vertriebenen
„erstplatziert" wurden, bestimmten dann auch ganz entscheidend deren
Start- und Integrationschancen.
Auf das gesamte Land Baden-Württemberg gesehen wurde der Höchststand der
Zahl der Zwangszuwanderer erst 1961, im Jahr des Baus der Berliner
Mauer, erreicht. Nun waren 1,2 Millionen Heimatvertriebene und weitere
415.000 SBZ-Flüchtlinge im Land. Zusammengenommen machten die
„Neubürger", wie sie inzwischen amtlicherseits genannt wurden, fast 21
Prozent der gesamten baden-württembergischen Bevölkerung aus.
In vielerlei Hinsicht lässt sich die Integration der Zwangszuwanderer
aus der ex post-Perspektive als Erfolgsgeschichte lesen. Weite Teile der
Vertriebenen kamen mit Erfahrungen in der Landwirtschaft, aber auch mit
fundierter handwerklicher oder anderer Ausbildung. In der deutschen
Nachkriegsgesellschaft waren sie ein Aktivum, zumal die Industrie
zusehends nach Arbeitskräften verlangte. Ohne das einsetzende
Wirtschaftswunder wäre ihre Integration sicherlich problematischer
verlaufen, aber ohne die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge wäre
wiederum das Wirtschaftswunder kaum möglich gewesen.
Die „Neubürger" waren leistungs- und aufstiegsorientiert und versuchten,
mit viel Fleiß und Ehrgeiz den sozialen Status wieder zu erreichen, den
sie in ihrer Heimat gehabt hatten. Die rege Bautätigkeit der
Vertriebenen, die vor allem mit dem Lastenausgleichsgesetz von 1952
einsetzte, war symptomatisch, denn das Eigenheim war auch hier soziales
Leitbild und Symbol für das „Ankommen" in der bundesrepublikanischen
Gesellschaft.
Allerdings ist der „Mythos der schnellen Integration" (Thomas Grosser)
auch zu hinterfragen. Durch die zum Teil erheblichen
Konfessionsunterschiede zwischen einheimischer und vertriebener
Bevölkerung entstanden kulturell bedingte Konflikte und Vorbehalte, die
nur langsam abgeschliffen werden konnten. Gerade im vorwiegend
protestantischen Nordwürttemberg führte die Zuwanderung der überwiegend
katholischen Vertriebenen zur größten Verschiebung der
Konfessionsverhältnisse seit dem Dreißigjährigen Krieg. So blieb
beispielsweise die Verbindung der Vertriebenen mit den Einheimischen
durch Heirat auch wegen dieser konfessionellen Unterschiede vor allem in
den ländlichen Gebieten lange Zeit die Ausnahme.
Hinzu kam, dass sich nach der wirtschaftspolitisch liberalisierenden
Weichenstellung der Währungsreform auch die Konflikte um Arbeitsplätze,
Bezahlung und Wohnraum deutlich verschärften. Zumindest zwischenzeitlich
stieg bei den „Neubürgern" die Arbeitslosigkeit deutlich stärker an als
bei der „einheimischen" Bevölkerung. Weitere sozialökonomische und
sozialkulturelle Integrationsbarrieren sind zu nennen: Wohl gelang
relativ rasch die Teilhabe am expandierenden Konsumgütermarkt, noch
lange aber blieben deutliche Unterschiede bei der Vermögenssubstanz
bestehen, an denen auch der Lastenausgleich nichts änderte, wenngleich
er vielen Alteingesessenen als ungerecht erschien. Zwar sorgten
Wohnungsbauprogramme dafür, dass die Heimatvertriebenen verhältnismäßig
schnell ein eigenes Dach über dem Kopf hatten, doch wurde noch lange
Zeit bei den Vertriebenen nicht die Wohneigentümerquote der „Altbürger"
erreicht.
Quelle: Karl Moersch, Reinhold Weber: Die Zeit nach dem Krieg: Wiederaufbau in
Südwestdeutschland. Landeskundliche Reihe Bd 37. Die Zeit nach dem Krieg: Städte
im Wiederaufbau.
Die Potsdamer Konferenz

Potsdamer Konferenz der führenden Staatsmänner der drei alliierten Mächte der
UdSSR, Grossbritannien und der USA vom 17. Juli bis 2. August 1945 in Schloß
Cecilienhof und Babelsberg. v.l.n.r.: sitzend: C.R. Attlee, H.S. Truman, Josef
Stalin; stehend: Admiral J.D. Loahy, E. Bevin, J.W.Byrnes, und W.M. Molotow.
Foto: Bundesarchiv, Bild 183-R86965. CC-BY-SA.
1945 herrschte in Deutschland Zerstörung, Hunger, Hoffnungslosigkeit
und Chaos vor. Die Infrastruktur war fast komplett vernichtet,
Wohngebiete teilweise ausgelöscht, besonders das Transportwesen hatte es
hart getroffen. Großstädte wie Köln und München waren kaum mehr zu
erkennen. Die meisten Brücken über den großen Flüssen waren
eingebrochen, die Verkehrsadern gelähmt. Millionen Menschen mussten
längere Zeit auf Wasser, Gas und Elektrizität verzichten. Die Menschen
hatten riesige Trümmerberge aufzuräumen, ihr Existenzminimum zu sichern
und die Vergangenheit zu bewältigen. Von 1945 bis zur Währungsreform
1948 und der Rückkehr der Kriegsgefangenen ersetzten die „Trümmerfrauen"
fehlende männliche Arbeiter im Baugewerbe.
Über zwölf Millionen deutsche Flüchtlinge und Vertriebene sowie bis
zu zwölf Millionen "Displaced Persons" – ehemalige Zwangsarbeiter und
ausländische KZ-Insassen – mussten nach dem Ende des Krieges eine neue
Heimat finden bzw. repatriiert werden. Flucht und Vertreibung aus den
ehemaligen Ostgebieten des Deutschen Reichs hielten bis lange nach
Kriegsende an und forderten zwischen 1944 und 1947 bis zu 600.000
Menschenleben. Amtliche Zahlen aus den 1950er Jahren gingen von ca. zwei
Millionen Toten aus, halten einer Überprüfung aber nicht stand.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs gab es mehr als acht Millionen
Deutsche, die sich als Kriegsgefangene im Gewahrsam der Siegermächte
befanden. Im ersten Jahr nach Kriegsende wurden fünf Millionen von ihnen
entlassen. Viele Menschen wurden vermisst, ihr Verbleib konnte nicht
geklärt werden. 1950 sprach man von 1,3 Millionen Vermissten im Osten
und 100 000 Vermissten im Westen, der Suchdienst des Roten Kreuzes hat
1,086 Millionen deutsche Soldaten schließlich für tot erklärt.
Die industrielle Produktion in Deutschland war praktisch zum Erliegen
gekommen. Teilweise konnte die Nahrungsmittelversorgung nur durch
umfangreiche internationale Hilfslieferungen auf extrem niedrigem Niveau
gesichert werden. Die Reichsmark war kaum mehr etwas wert. Sie hatte
ihre Rolle als Tausch- und Zahlungsmittel weitgehend verloren. Anstatt
in Währung tauschten die Menschen nun hauptsächlich in Naturalien. Der
„Schwarze Markt" entwickelte sich explosionsartig. Denn angesichts der
relativen Wertlosigkeit von Geld und Lebensmittelkarten sah sich der
"Normalverbraucher" auf Schwarzhändler und Schieber angewiesen. Auf dem
offiziellen Markt des Rationierungssystems gab es bei weitem nicht das
Lebensnotwendige. Mit sogenannten „Hamsterfahrten" aufs Land sicherte
sich die städtische Bevölkerung ihr Überleben. Dabei tauschte sie
Hausrat, Kleidung oder Wertgegenständen gegen Lebensmittel. Wichtigstes
Zahlungsmittel waren aber Zigaretten, für die man auf dem Schwarzen
Markt fast alles erhalten konnte.
Mit der Berliner Deklaration vom 5. Juni 1945 übernahmen die vier
Siegermächte, USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich, die
Oberste Regierungsgewalt in Deutschland. Der aus den vier
Oberbefehlshabern gebildete Alliierte Kontrollrat in Berlin entschied
fortan über alle Fragen, die Deutschland als Ganzes betrafen. Das
Deutsche Reich wurde in vier unterschiedlich große Besatzungszonen und
Berlin in vier Sektoren aufgeteilt, in denen die Militärgouverneure nach
eigenem Ermessen handeln.
Auf der Potsdamer Konferenz (17. Juli - 2. August 1945) einigten sich
die vier Siegermächte auf politische Grundsätze für die Behandlung
Deutschlands:
Entmilitarisierung, Entnazifizierung, Dezentralisierung,
Dekartellisierung und Demokratisierung. Außerdem wurde beschlossen, die
deutschen Gebiete östlich von Oder und Lausitzer Neiße bis zu einem
Friedensvertrag unter polnische sowie sowjetische Verwaltung zu stellen
und die dortige deutsche Bevölkerung ebenso wie die Deutschen aus der
Tschechoslowakei und Ungarn auszusiedeln.
Die Zukunft Deutschlands war in den ersten Nachkriegsjahren noch
ungewiss. Die langwierigen Verhandlungen der Besatzungsmächte zeigten
immer deutlicher den beginnenden Kalten Krieg zwischen den Supermächten
USA und UdSSR. In der ehemaligen Hauptstadt Berlin spiegelte sich der
Konflikt im Kleinen und spitzte sich zu. Ihre Teilung nach der
sowjetischen Blockade 1948 war ein Vorbote der Gründung zweier deutscher
Staaten.
Nach fast einem Jahr Verhandlungsdauer wurden am 1. Oktober 1946 12 der
24 Hauptkriegsverbrecher im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess zum Tode
verurteilt und hingerichtet.
Bei Kriegsende führte die NSDAP-Kartei 6,5 Millionen Mitglieder. Vor
allem die Staatsdiener waren eng mit der Nazi-Herrschaft verbunden. Über
65 Prozent der Beamten, mehr als 80 Prozent aller Richter und
Justizbeamten waren Parteigenossen. Der NS-Lehrerbund meldete 491.000,
der Ärztebund 72.000 Gefolgsleute. Es war die breite deutsche Mitte, die
sich Hitler und seiner Politik verschrieben hatte. Die Sowjets zielten
vor allem auf die Entmachtung der politischen Führungsschicht. Bereits
Ende 1947 proklamierte die sowjetische Militärregierung das Ende der
politischen Säuberung. Nach der gesellschaftlichen Umwälzung, nachdem
rund 520.000 Personen von ihrem Posten entfernt worden waren, sah die
neue Staatsmacht keinen Grund mehr, auf die Mitarbeit von Nazis zu
verzichten.
Am 30. Juni 1949, kurz nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland,
präsentierte die amerikanische Militärregierung ihre
Entnazifizierungsbilanz, nach der 99 Prozent aller Fälle abgeschlossen
waren. Die Zahl der nach dem "Gesetz zur Befreiung von
Nationalsozialismus und Militarismus" erfassten Personen belief sich auf
über 13 Millionen. Gegen rund 3,5 Millionen war Anklage erhoben worden,
etwa 2,5 Millionen waren ohne Verfahren amnestiert worden. Die
Spruchkammern erledigten 950.000 Fälle. Dabei wurden nur 1.654 Altnazis
als "Hauptschuldige" eingestuft und verurteilt. Und eines der ersten
Gesetze, das der Deutsche Bundestag 1949 erließ, war das einstimmig
verabschiedete Amnestiegesetz. 1954 folgte die zweite Bundesamnestie,
nach der die große Mehrheit der verurteilten NS-Täter begnadigt und die
Urteile aus dem Strafregister gelöscht wurden.
Je länger sich in den Westzonen die Verfahren hinschleppten, desto mehr
entwickelten sich die Spruchkammern zu wahren "Mitläufer"-Fabriken.
Wechselseitig stellten sich alte Nazis "Persilscheine" aus und schafften
es millionenfach, sich als verführte Unschuldige aus der Affäre zu
mogeln. Als wäre nichts geschehen, kehrten NS-Spitzenleute auf ihre
Posten zurück - nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in Politik,
Wirtschaft, Kultur, Medien und Wissenschaft.
Vier Jahre nach Kriegsende, am 8. Mai 1949, beschloss der
Parlamentarische Rat das Grundgesetz. Über Parteigrenzen hinweg gaben
seine Demokraten die Antwort auf Krieg und Gewaltherrschaft in Artikel 1
unserer Verfassung:
(2) Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und
unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen
Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
Textquelle: Internetprojekt LeMO (Lebendiges virtuelles Museum Online)
des Deutschen Historischen Museums in Berlin und des Hauses der
Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn.
Die Nürnberger Prozesse

Der Krieg weitete sich 1940 auf Nord- und Westeuropa aus.
Während Dänemark kampflos kapitulierte, leistete Norwegen
vor der Kapitulation vom 10. Juni heftigen Widerstand. Der
deutsche Angriff auf die Niederlande, auf Belgien, Luxemburg
und Frankreich hatte bereits am 10. Mai 1940 begonnen. Mit
dem Kriegseintritt Italiens, das mit Deutschland verbündet
war, wurden der Mittelmeerraum und Teile Afrikas ab Juni
1940 ebenfalls zum Kriegsschauplatz. Am 22. Juni 1941 begann
der Vormarsch von deutschen Divisionen gegen die
Sowjetunion.

Trotz anhaltend niedriger Wahlbeteiligung und Zunahme von
europaskeptischen und rechtspopulistisch-nationalistischen
Parteien bei den Europawahlen 2014 gilt die europäische
Einigung und die Herausbildung der Europäischen Union nach
wie vor den meisten der rund 500 Millionen EU-Bürgerinnen
und EU-Bürgern als wichtiger Meilenstein in der Entwicklung
dieses von Krisen und Kriegen geschüttelten Kontinents. Das
Nobelpreiskomitee in Stockholm hat nicht umsonst im Jahre
2012 der EU deshalb für ihre friedens- und
freiheitssichernde Funktion den Friedensnobelpreis vergeben.
Allerdings wachsen derzeit die Ansprüche an die EU rasant.
In Konkurrenz mit den USA und den asiatischen Großräumen
soll die EU die Zukunftsfähigkeit des "alten Kontinents"
ermöglichen, soll neue Wachstumskraft und
Innovationspotenzial generieren, um im globalen
ökonomischen, ökologischen und sozialen Konkurrenzkampf
langfristig zu bestehen. Sogar bei den Europa-Enthusiasten
droht aktuell Ernüchterung, ja Enttäuschung um sich zu
greifen. Der Europäische Einigungsprozess befindet sich –mal
wieder – in der Krise. Er drohe, so der gerade
wiedergewählte Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz,
gar zu scheitern. In die Kritik geraten dabei häufig die
Institutionen und komplexen Entscheidungsprozesse innerhalb
der Europäischen Union, denen nachgesagt wird, nur sehr
schwerfällig und überbürokratisch zu agieren. Nicht selten
werden die Brüsseler Strukturen gar als "Moloch" denunziert.
Übersehen wird dabei häufig, dass insbesondere diese
Institutionen historische Ursachen haben. Aus
unterschiedlichen nationalen aber auch einer europäischen
Perspektive werden die Nachkriegsjahre bis zur Gründung der
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) im Jahre 1957
rekonstruiert. Von Anfang an gab es dabei ein Ringen von
nationalen Souveränitätsansprüchen, von Ansätzen
gouvernementaler Kooperation und sogar von Bestrebungen,
neue supranationale Strukturen in Europa zu schaffen.

Deutschland-Flagge. Bild: Flickr. János Balázs. CC BY-SA 2.0.
Der Zweite Weltkrieg hat seine
Spuren in der deutschen Geschichte hinterlassen und wirkt noch bis in die
Gegenwart hinein. Egal ob Orte, Gefühle, oder Politik - das Kriegsende begleitet
uns auch heute.
Seit 1945 hat Deutschland einige geschichtliche Marksteine auf seinem Konto.
Aufbau, Nachkriegsjahre, Wirtschaftswunder, Kalter Krieg, Bau und Fall der Mauer
und schließlich das Ende der DDR. Dabei konnte sich das Land zu einer
Wirtschaftsmacht entwickeln und eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen. Diese
Entwicklung war stets begleitet von den Anstrengungen der jeweiligen Regierung
für die Grundwerte Freiheit, Demokratie und die Geltung der Menschenrechte und
für die europäische Einigung. Heute ist Deutschland von Freunden und Partnern in
Europa umgeben. Eine Umfrage während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 besagte
sogar, die
Bundesrepublik sei die beliebteste Nation der Welt.
Noch Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren die meisten
Deutschen weit davon entfernt, ihr Land als Aushängeschild zu sehen oder sich
mit ihm zu identifizieren. Der jüngeren, hauptsächlich westdeutschen Bevölkerung
mangelte es im Vergleich mit anderen europäischen Staaten - an
Nationalbewusstsein. Die Identifikation der Deutschen mit der eigenen Nation
erstarkte erst nach und nach, ausgelöst durch die friedliche Wiedervereinigung,
später bei europäischen und internationalen Sportwettbewerben. Spätestens seit
der Fußballweltmeisterschaft 2006 schwenken Deutsche ihre Nationalflagge wieder
ganz ungehemmt in der Öffentlichkeit. Sie singen selbstbewusst die
Nationalhymne - etwas, das vielen vorher noch befremdlich war.
Die Kriegsschuld
Deutschlands wirkte
sich nicht nur sichtbar auf das Bewusstsein der Bundesbürger, sondern auch auf
die deutsche Politik aus. Lange nahmen deutsche Regierungen eine eher
zurückhaltende und wiedergutmachende Rolle auf internationalem Parkett ein.
Deutschland war nach 1945 von den auferlegten Beschränkungen der Westalliierten
geprägt. Die deutsche Außenpolitik war in den Nachkriegsjahren durch
Konrad Adenauers Leitlinie „Souveränitätsgewinn durch Souveränitätsverzicht“
charakterisiert. Indem die noch junge Bundesrepublik auf Souveränität
verzichtete, gewann sie langfristig – nicht zuletzt durch die Westbindung – an
Souveränität. Man wollte keine neue Angst bei den internationalen Partnern
schüren und der Vergangenheit entschieden entgegentreten, indem man sich mit ihr
auseinandersetzte.

Der Bundesrepublik gelang es jedoch mit einer verantwortungsvollen Politik,
ihren Schatten
aus der NS-Vergangenheit abzuschütteln.
Der ehemalige Erzfeind Frankreich gilt spätestens seit dem Vertrag von Elysée
von 1961 als enger Freund. Trotz des schrecklichen Holocaust, der Deutschland
eine besondere Verpflichtung und Verantwortung gegenüber Israel auferlegt, sind
auch diese beiden Länder heute freundschaftlich, politisch und wirtschaftlich
eng miteinander verbunden. Das Nachbarschaftsverhältnis mit Polen entlang der
Oder-Neiße-Grenze ist ein gutes.
Deutschland spielt heute eine starke
Rolle in Europa.
Zum einen als Wirtschaftsmacht, aber auch als einflussreicher politischer
Protagonist in der Außenpolitik. Mit einem neuen Selbstbewusstsein hat sich die
Bundeswehr von einer reinen Verteidigungsarmee in den letzten Jahren zu einer
Armee im Einsatz entwickelt. Presseberichte aus dem Ausland spiegeln regelmäßig
Bedenken über diese mächtige Stellung des ehemaligen Nazi-Deutschlands im
europäischen Gefüge.
Auch rechtsextremistische
Auswüchse oder
Europa-feindliche Positionen, die in Deutschland wieder vermehrt Einzug halten,
lassen international aufmerken. Die britische BBC reagierte zum Beispiel
schockiert über die PEGIDA-Demonstrationen in Dresden. Hier sei sehr schnell
klar geworden, dass sich die Proteste gegen Asylbewerber richteten und nicht
gegen Islamisierung. Vor einigen Jahren wären solche Szenen in diesem Land
unvorstellbar gewesen, hieß es von der BBC.
Währenddessen ist der Zweite Weltkrieg für ältere Deutsche immer noch Teil ihres
Alltags. Viele leiden an den Spätfolgen
des Krieges.
Einer Studie des Uniklinikums Leipzig zufolge häufen sich Posttraumatische
Belastungsstörungen im Alter besonders in Deutschland. Die ständige Angst vor
Bomben¬angriffen und erlittenen Vertreibungen, Erlebnisse aus einer Inhaftierung
oder Schreckensbilder aus Kampfhandlungen haben sich fest in der Seele der
Kriegsgeneration eingebrannt. An sich völlig harmlose Dinge aus dem Alltag,
bestimmte Orte, Aktivitäten, Gerüche oder Geräusche, können dazu führen, dass
die Betroffenen das Trauma in Bildern und Gefühlen erneut durch¬leben.
Depressionen, Schlafstörungen, Ängste, Konzentrationsschwierigkeiten und
sozialer Rückzug können die Folgen sein.

Aber auch konkret
fassbare Überreste des Krieges tauchen
dann und wann auf. Immer wieder stoßen Experten auf alte Bomben aus der
Kriegszeit. Zehntausende sollen noch unter deutschem Boden liegen. Jedes Jahr
sprengen und entschärfen die Räumdienste der Bundesländer rund 5.000
Weltkriegsbomben. Weniger gefährlich, dafür umso wertvoller war ein Fund aus dem
Jahr 2012. Verschollen geglaubte NS- Kunstschätze kamen ans Tageslicht.
Cornelius Gurlitt aus München-Schwabing, Sohn des Kunsthändlers Hildebrand
Gurlitt (1895–1956), hatte hunderte Bilder, die unter NS-Raubkunstverdacht
stehen, in seiner Wohnung gehortet.
Dabei scheint es, als ob das allgemeine Wissen über das Kriegsende langsam
weniger wird. Nach einer Umfrage im Auftrag des Magazins Stern wussten schon vor
fünf Jahren 45 Prozent der Bundesbürger nicht, was am 8. Mai 1945 geschah.
Besonders groß war die Unwissenheit
unter den Jüngeren:
Mehr als zwei Dritteln (68 Prozent) der 18- bis 29-Jährigen ist laut Umfrage
nicht bekannt, dass an dem Tag der Zweite Weltkrieg beendet wurde.
An deutschen Lehr- und Bildungsplänen kann das nicht liegen. Darin ist der
Zweite Weltkrieg fester Bestandteil. Schüler und Schülerinnen sollen die
nationalsozialistische Vergangenheit beurteilen können und ein Bewusstsein für
die historische Verantwortung Deutschlands entwickeln, die sich aus der
NS-Vergangenheit ergibt.

Um der historischen Verpflichtung Deutschlands Rechnung zu tragen, fördern Bund
und Länder Gedenkstätten und entsprechende
Initiativen. Die Bundesregierung trägt mit der Gedenkstättenkonzeption dazu bei,
unter Wahrung der grundsätzlichen Zuständigkeit der Länder und Kommunen,
geeignete Rahmenbedingungen für die Gedenkstättenarbeit zu schaffen. Ziel der
Gedenkstätten ist es, Verantwortung wahrzunehmen, die Aufarbeitung zu verstärken
und das Gedenken zu vertiefen. Sie sollen mit Forschungsarbeiten,
Dokumentationen, Ausstellungen, Veröffentlichungen und Veranstaltungen ihren
spezifischen Anteil zur Darstellung der Orts-, Regional- und Landesgeschichte
während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft leisten. Viele Menschen in
Deutschland engagieren sich ehrenamtlich für die Gedenkstättenarbeit. Sie
schaffen damit einen grundlegenden und unverzichtbaren Beitrag zum bewussten
Umgang mit der Geschichte und zur Demokratieerziehung.
Die Gedenkfeiern zum Kriegsende am 8. Mai 1945 sollen schließlich jedes Jahr an
Frieden und Freiheit erinnern und jeden Einzelnen mahnen, sich gegen Gewalt und
Diktatur abzugrenzen.
Zum 40. Jahrestag der Beendigung des Krieges in Europa und der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft hat der unlängst verstorbene ehemalige
Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8.
Mai 1985 eine Rede gehalten, die wohl zu den bedeutenden Ereignissen in der
Geschichte Deutschlands gehört.
„Bei uns ist eine neue Generation in die
politische Verantwortung hereingewachsen. Die Jungen sind nicht verantwortlich
für das, was damals geschah. Aber sie sind verantwortlich für das, was in der
Geschichte daraus wird. Wir Älteren schulden der Jugend nicht die Erfüllung von
Träumen, sondern Aufrichtigkeit. Wir müssen den Jüngeren helfen zu verstehen,
warum es lebenswichtig ist, die Erinnerung wachzuhalten." (Richard
von Weizsäcker)
Beziehung Deutschland-Polen

Das Auswärtige Amt bezeichnet Polen heute als einen
zentralen Partner Deutschlands in der Europäischen Union.
Die deutsch-polnischen Beziehungen seien für beide Seiten
von herausgehobener Bedeutung. Sie hätten seit 1989 eine in
der jüngeren Geschichte einmalige Dynamik entwickelt. Wie
wertvoll dieses gute Verhältnis beider Länder ist, wird
deutlich, blickt man auf den 1.9.1939 und die
darauffolgenden Kriegsjahre zurück. Die Gräueltaten der
Nationalsozialisten an der polnischen Bevölkerung von damals
bleiben nach wie vor unvergessen.
Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen am 1.
September 1939 und dem Einfall der Roten Armee an der
Ostgrenze, brach eine schwere Zeit für Polen an. Am 6.
Oktober kapitulierten die letzten polnischen Einheiten. Im
Herbst 1939 teilten Deutschland und die Sowjetunion das
polnische Staatsgebiet unter sich auf.
Hitler konnte nun ohne Rücksicht seine expansive
"Lebensraum-Politik" in den westlichen Gebieten Polens
verfolgen. Der mittlere Teil Polens wurde deutsches
"Nebenland", also unmittelbar abhängiges Land. Diese
nationalsozialistische Politik kostete im Herbst 1939 bis zu
zwanzigtausend Mitgliedern der politischen und geistigen
Elite Polens das Leben. Gleichzeitig zwangen die
Nationalsozialisten die Menschen in Polen zur Umsiedlung
oder vertrieben sie. Die nationalsozialistischen Machthaber
wollten die jüdische Bevölkerung in den neuen Ostgebieten
vollständig vernichten. Dazu errichteten sie Arbeits-
und Konzentrationslager.
Wegen der Brutalität der deutschen Besatzer formierte sich
polnischer Widerstand. Als im April 1943 die letzten 60.000
Juden aus Warschau in Lager deportiert werden sollten, gab
es im Warschauer Ghetto einen Aufstand.
Die Wehrmacht schlug diesen allerdings blutig nieder. Ein
weiterer Aufruhr in Warschau fand
nach acht Wochen im Oktober 1944 ebenfalls ein Ende.
Daraufhin zerstörten die Nationalsozialisten die polnische
Metropole bis auf ihre Grundmauern.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm eine
provisorische polnische Regierung die Verwaltungsarbeit über
die Gebiete, die sich zwischen der Oder-Neiße-Grenze
und der Curzon-Linie befanden.
Rund 7 Millionen Deutsche mussten aus den ehemaligen
deutschen Gebieten flüchten. Etwa 1,5 Millionen Polen
mussten die ehemaligen polnischen Ostgebiete verlassen.
In den ersten zwei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg
gab es keine offiziellen Kontakte zwischen dem westdeutschen
Staat und Polen. Die Folgen des Krieges wirkten nach. Ein
erhebliches Problem stellte die Grenzfrage
zwischen Polen und Deutschland dar. 25 Jahre nach
Kriegsende, am 7. Dezember 1970 unterzeichneten beide Länder
schließlich den "Vertrag über die Grundlagen der
Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen".
Anlässlich der Unterzeichnung dieses Vertrags kniete der
damalige Bundeskanzler Willy Brandt in Warschau vor dem
Denkmal für die Opfer des Warschauer Ghettoaufstands im
April 1943 nieder. Der Kniefall wurde
als ein symbolischer Akt der Reue für die deutschen
Verbrechen auch an den nichtjüdischen Polen empfunden. In
der Folge belebten sich die kulturellen, politischen,
wirtschaftlichen und zwischenmenschlichen Kontakte zwischen
Deutschland und Polen.
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es schließlich zu
einem Neubeginn der deutsch-polnischen Beziehungen. Der
sechs Wochen nach der Wiedervereinigung
abgeschlossene deutsch-polnische Grenzvertrag vom 14.
November 1990 besiegelte völkerrechtlich endgültig das Ende
der Nachkriegszeit im deutsch-polnischen Verhältnis.
Seit 1957 wird am 1. September an die Schrecken des Ersten
und Zweiten Weltkriegs sowie an die schrecklichen Folgen von
Krieg, Gewalt und Faschismus erinnert. Die Initiative für
diesen Gedenktag ging vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB)
aus, der erstmals am 1. September 1957 unter dem Motto „Nie
wieder Krieg“ zu Aktionen aufrief.
-
Die Reihe MATERIALIEN
Texte und Unterrichtsmaterialien zur Gedenkstättenarbeit
-
Gedenkstätten in Baden-Württemberg (Webauftritt
des Fachbereichs Gedenkstättenarbeit)
Alte Fotos vom Krieg in Luxemburg









